Ist das Metaverse tot? Rund zwei Jahre sind vergangen, seit Mark Zuckerberg einen Kurswechsel seines Konzerns verkündete: volle Kraft in Richtung Metaverse. Was darauf geschah: Es gab und gibt eine Vielzahl an Berichten über das Kind mit dem neuen Namen „Meta“. Einige Unternehmen und Marken folgten dem Ruf des Neuen. Sie starteten Initiativen auf verschiedenen Plattformen – oder eröffneten gleich eine eigene. Reicht das?
Es existiert ein anhaltendes Spannungsfeld aus hohen Erwartungen und zentralen Herausforderungen. Denn wie bei jeder Innovation entscheiden letztlich Relevanz und Nutzen über ihre Adaption und damit den Erfolg. So gab einerseits ein internationaler Großkonzern in Anwesenheit von Bundeskanzler Scholz kürzlich den Startschuss für eine Milliardeninvestition ins Industrial Metaverse. Damit zündete man „die nächste Stufe der Digitalisierung“ und verband „die digitale mit der realen Welt“. Andererseits aber sorgten beispielsweise die ersten Gehversuche der Europäischen Union im Metaverse bei Steuerzahler:innen für Unverständnis. Der Experience zur Information rund um die geplante
„Global-Gateway-Initiative“ fehlte es an konkretem Mehrwert. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis war also zumindest fragwürdig.
Vor allem Letzteres beschäftigt auch viele Unternehmen und prägt ihre Einstellung gegenüber dem Metaverse. Einige waren schnell mit eigenen Engagements vertreten und wetten teils mit großen Summen auf Wachstum in der virtuellen Welt. Andere lassen Vorsicht walten und zögern. Schließlich kann heute noch niemand genau sagen, wie sich das Metaverse ganz konkret entwickeln wird. Unumstritten ist jedoch, dass sich dort bereits heute durchaus Umsatz generieren lässt – und zwar auf unterschiedlichen Wegen.
Während ein User in der Sandbox rund 450.000 US-Dollar bezahlte, „nur“ um der virtuelle Nachbar von US-Rapper Snoop Dogg zu werden, bieten namhafte Fashion Brands u. a. auf der Plattform Roblox (rund 66 Mio. aktive Nutzer:innen täglich) Klamotten für Avatare zum Kauf an – und das mit Erfolg. Im Decentraland wiederum ist es möglich, gegen Bezahlung per Kryptowährung Pizza bei einer namhaften Fast-Food-Kette zu bestellen und sich diese bequem an die „echte“ Haustür liefern zu lassen.
Zugegeben: Vieles im Kontext Metaverse klingt primär nach Gaming und Entertainment sowie nach hohem Invest bei überschaubarem Return. Und doch entwickelt sich damit ein ernstzunehmender Kommunikations- bzw. Interaktionskanal mit enormen Potenzialen – auch für kleinere und mittelständische Unternehmen und fernab der Unterhaltungsindustrie. Schließlich lassen sich Identifikation und Präferenz über immersive Erlebnisse für nahezu jede Marke stärken und Kaufentscheidungen damit nicht nur im E-Commerce deutlich positiv beeinflussen. Außerdem ist eine stetig wachsende Zahl von Menschen ganz einfach dort anzutreffen und zu erreichen.
Das Marktforschungsunternehmen Gartner geht davon aus, dass bis 2026 etwa 25 % der Menschen mindestens eine Stunde pro Tag im Metaverse verbringen, um sich auszutauschen, zu arbeiten, sich weiterzubilden oder einzukaufen. Und mit zunehmender Verbreitung und Weiterentwicklung wachsen auch die Möglichkeiten.
So können B2B-Teams virtuell zusammenarbeiten, um Ideen auszutauschen und Konzepte zu entwickeln. Und immersive Umgebungen bieten dabei die idealen Voraussetzungen, um komplexe Experimente und Simulationen durchzuführen, die in der physischen Welt aufwendig oder nur schwer umsetzbar wären.
Bildungseinrichtungen haben die Möglichkeit, Lernumgebungen zu schaffen, in denen Schüler:innen und Studierende Inhalte auf interaktive Weise erleben und verstehen können.
Arztpraxen können Patient:innen in digitalen Sprechzimmern konsultieren, wodurch sich insbesondere in entlegenen Gebieten der Zugang zur Gesundheitsversorgung verbessern würde. Und die Diagnose über virtuelle Modelle des menschlichen Körpers kann dazu beitragen, Krankheiten besser zu verstehen, Diagnosen zu stellen und neue Behandlungsmethoden zu entwickeln.
Doch bei aller Euphorie als Wirtschaftstreibende gilt es einige wesentliche Faktoren zu beachten. Schließlich erfordert ein überzeugendes Metaverse Engagement nicht nur die Nutzung innovativer Technologien und vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Es bedarf darüber hinaus ein hohes Maß an Verantwortung sowie die Einhaltung moralischer und ethischer Prinzipien. Wie sich das Ganze, auch angesichts strengerer Regularien in Bezug auf Datenschutz und Barrierefreiheit aber vor allem im Zuge wachsender technischer Möglichkeiten entwickeln wird, ist derzeit noch völlig offen.
Das Metaverse wird als Plattform für den Handel mit virtuellen Gütern und Dienstleistungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einen erheblichen Anteil am globalen BIP ausmachen. Damit eröffnen sich neue Chancen für Unternehmen und Investoren. Vielleicht sehen wir schon bald zahlreiche Produktportfolios, die neben physischen um virtuelle Artikel erweitert werden. So könnten Nutzer:innen beispielsweise auch ihre Avatare mit den neuesten Errungenschaften ausstatten.
Roblox, Decentraland oder doch lieber die Sandbox? Vielleicht aber auch direkt eine eigene Umgebung? Die Wahl der richtigen Plattform hängt mitunter von der definierten Zielgruppe ab. Was aber, wenn sich diese auf verschiedene Anwendungen verteilt – oder plötzlich der neue virtuelle Place to be aus dem Boden schießt? Eine erste Antwort darauf liefert u. a. der „First Meta Sneaker“, der sich – einmal gekauft – als NFT auf mehreren Plattformen nutzen lässt. Und das jeweils im entsprechenden grafischen Look.
Wenn eine wachsende Zahl von Menschen mehr und mehr Zeit auf virtuellen Plattformen verbringt, werden sich diese über kurz oder lang zu einem festen Bestandteil im Kanal-Mix etablieren. Mit ihren oft vielfältigen Möglichkeiten der sozialen Interaktion stehen ihre Chancen nicht schlecht, traditionellen sozialen Netzwerken den Rang abzulaufen. Kennzeichnet das Metaverse womöglich sogar das Ende von Facebook und Instagram?
Dies ist nur ein kleiner Auszug an Gedankenspielen – zu möglichen Szenarien und Entwicklungen. Ob und inwiefern sie letztendlich eintreten, wird sich zeigen. Manches bleibt abzuwarten, einiges lässt sich jedoch bereits erahnen und sogar mitgestalten. Und genau das macht es aus unserer Sicht so spannend.
Also, Hype oder Next Big Thing? Es kommt ganz darauf an, was wir als Unternehmen, Nutzer:innen und letztlich als Gesellschaft daraus machen. Denn bauen und entwickeln lässt sich vieles. Entscheidend ist aber, ob das Konzept zum eigenen Unternehmen und der Zielgruppe passt – und im Idealfall einen relevanten ,Need' erfüllt.
So viel ist sicher: Das Metaverse bietet für viele Unternehmen schon heute einige Möglichkeiten, von denen Menschen sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt profitieren können. Diese gilt es zu identifizieren und individuell zu bewerten, denn genau daran lässt sich letztlich auch der tatsächliche Mehrwert definieren – sowohl funktional als auch monetär.
Unabhängig davon, ob euch bereits ein konkreter Use Case vorschwebt oder ob dieser noch identifiziert werden muss: Gemeinsam finden wir heraus, ob und wie ihr das Metaverse als Organisation erfolgreich nutzen können. Lass uns zusammen sprechen!